Herausforderungen im Handwerk wachsen

Materialengpässe und Preissteigerungen verunsichern Betriebe und Kunden

„Die letzten Monate haben gezeigt, dass das niedersächsische Handwerk den aktuellen wirtschaftlichen Herausforderungen bis dato erfolgreich trotzen kann", betont Eckhard Stein, Vorsitzender der Landesvertretung der Handwerkskammern Niedersachsen e.V. (LHN) mit Blick auf die Konjunkturdaten des ersten Quartals 2022. Mit 117 Punkten zeigte sich der Geschäftsklimaindikator im niedersächsischen Handwerk im Vergleich zum Vorjahresquartal insgesamt robust. 87 Prozent der 1.792 antwortenden Betriebe meldeten in dem Zusammenhang eine „gute" oder „befriedigende" Geschäftslage.

Nach zwei Coronajahren standen im Frühjahr 2022 gemäß den Betriebsrückmeldungen die Zeichen zunächst auf weitere Entspannung. In der Summe meldeten mit nur noch 5 Prozent wenige Betriebe rückläufige Umsätze. Im Vorjahr waren es mit 23 Prozent coronabedingt noch vergleichsweise viele. Anlass zu Optimismus gab die bereits seit Mitte 2021 deutlich anziehende Auftragsentwicklung, die auch zum Jahresstart 2022 in der Dynamik zwar noch nicht an 2019 anschließen konnte, aber wieder unter einem deutlich positiven Vorzeichen stand. In diesem Zuge hellte sich auch die Investitionsbereitschaft im Vergleich zum Vorjahr spürbar auf. Die Zahl der Betriebe mit wachsenden Investitionsausgaben überstieg die Zahl der Betriebe, die an dieser Stelle weiterhin einen Rotstift ansetzten, um 7 Prozentpunkte.

Allerdings konnten 41 Prozent der niedersächsischen Handwerksbetriebe nicht alle offenen Stellen besetzen. In 72 Prozent der Betriebe gab es damit keine personellen Veränderungen. Weitere 13 Prozent konnten ihre Mitarbeiterzahlen zwar ausweiten, gleichzeitig hatten aber 15 Prozent Rückgänge zu verkraften. Insgesamt blieben die Beschäftigungszahlen damit nahezu stabil.

Die Fachkräftelücke bleibt für viele Betriebe bei einer hohen Kapazitätsauslastung eine echte Herausforderung. Zudem führten die steigenden Energie- und Materialkosten sowie Lieferengpässe in vielen Betrieben zu Stress. „Der Preisdruck hat sich deutlich verstärkt", erklärt Stein. Zwei Drittel der Betriebe meldeten Preissteigerungen, nur ein Drittel der Betriebe veränderten ihre Preise im Frühjahr 2022 noch nicht. Allerdings zeigen die Erwartungen für die kommenden Monate, dass sich weitere Preisanpassungen nicht vermeiden lassen werden. Gerade vor dem Hintergrund des Ukraine-Krieges ist es aktuell unklar, ob die konjunkturelle Frühjahrsbelebung auch in den kommenden Monaten andauern wird.

Ein Blick in die verschiedenen Handwerksgruppen zeigt branchenspezifisch differenzierte Entwicklungen. Das Bau-, Ausbau- und das Kraftfahrzeuggewerbe sowie die Gewerke des gewerblichen Bedarfs, die besonders von Lieferengpässen und -preisen sowie erhöhten Energiekosten betroffen sind, weisen eine Abkühlung des Geschäftsklimas aus. Die konsumnahen Handwerke atmen mit den weiteren Rückführungen der coronabedingten Beschränkungen wieder auf. Das Nahrungsmittelgewerbe, zu denen die Bäcker, Fleischer und Konditoren zählen, die personenbezogenen Dienstleistungsbetriebe mit den Friseur- und Kosmetikbetrieben und auch das Gesundheitsgewerbe mit den Augenoptikern und den Hörgerätakustikern erholten sich mit Wegfall vieler Infektionsschutzmaßnahmen spürbar von den pandemiebedingten Einschnitten und der „Normalisierung" im Kundenkontakt. Insgesamt glichen sich diese branchenspezifisch unterschiedlichen Entwicklungen im Handwerk aus.

Hannover, 25. Mai 2022